Rückschau: Werkbundtag 2014

IndustrieKulturen - zwischen nachhaltiger Wertschöpfung und neuem Unternehmertum

19.- 21. September 2014, Leipzig

DAMALS.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der Deutsche Werkbund einer der wesentlichen Impulsgeber und Gestalter der Frühmoderne und in der Folge kritischer Begleiter der Industriegesellschaft.

HEUTE.

Nun, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, treiben uns wiederum grundlegende Fragen zu Wachstum, Klima und globaler Gerechtigkeit um, die dringend nach zukunftsweisenden Ideen und praktikablen Lösungen verlangen.

THEMA.

Unter dem Titel „IndustrieKulturen“ wollen wir auf unserer diesjährigen Jahrestagung in Leipzig gemeinsam untersuchen, welche tradierten Strategien sich im Sinne einer ökologischen Moderne noch heute als belastbar zeigen und welche neuen Ansätze und Experimente sinnvoll erscheinen.

IDEE.

Aufbauend auf vorliegenden Studien zu Themen wie postindustrieller Konversion möchten wir nun über die Bau- und Produktwelt hinaus auch nach neuen Betriebs- uns Organisationsformen, kurz nach Formen nachhaltiger Wertschöpfung und neuen Unternehmertums fahnden.

ZIEL.

Ziel ist es, eine gemeinsame Sichtung des aktuellen Epochenwandels vorzunehmen und Lösungsansätze zu benennen, die der Deutsche Werkbund inhaltlich mittragen sowie im Rahmen seiner Arbeit unterstützen und weiterentwickeln kann.

 

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 Tanzperformance „grand piano 13 parts“

Choreografin Irina Pauls

Film anschauen

 

Auszug aus dem Vortrag von

Ralf Fücks – Intelligent wachsen. Die grüne Revolution.

Zwölf Thesen*

1: Nachhaltiger Wohlstand für alle

Wir stehen inmitten einer langfristigen Wachstumsperiode der Weltwirtschaft. Gleichzeitig sind wir mit Klimawandel und massiven ökologischen Krisen konfrontiert. Deshalb lautet die zentrale Herausforderung der kommenden Jahrzehnte, das globale Wachstum in eine grüne Richtung zu lenken.

2: Europa als Vorreiter

Unser Kontinent hat alle Voraussetzungen, zu einem Modell für eine grüne Ökonomie zu werden. Deshalb wäre es fatal, bei der Energiewende auf die Bremse zu treten: sie ist ein globales Referenzprojekt, dass der Abschied von der fossil-nuklearen Energieversorgung ein ökonomisches Erfolgsmodell sein kann.

3: Aus weniger mehr machen

Im Kern geht es um die Entkopplung von ökonomischer Wertschöpfung und Naturverbrauch. Eine CO2-neutrale Produktionsweise erfordert den Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energien, von der Wegwerfgesellschaft zur Kreislaufökonomie.

4: Investieren in die Zukunft

Die grüne industrielle Revolution wird zum Katalysator für eine neue lange Welle des Wachstums. Sie verändert nicht nur die Produktionssphäre, sondern unsere Alltagswelt, vergleichbar der Elektrifizierung oder dem Siegeszug der digitalen Technologien.

5: Wachsen mit der Natur

Ihre Leitwissenschaft ist die Biotechnologie, also die technische Umsetzung biologischer Prozesse. Es geht jetzt darum, diese Fortschrittsgeschichte mit der Natur fortzuschreiben – nicht gegen sie.

6: Grenzen des Wachstums, Wachstum der Grenzen

Die menschliche Zivilisation hängt an einem halbwegs stabilen Klima, an der Fruchtbarkeit landwirtschaftlicher Böden und an intakten Wasserkreisläufen. Alle drei sind heute bereits in einem kritischen Zustand. Unsere allerwichtigste Ressource heißt Kreativität.

7: Die Natur als Gemeingut

Wir leben inzwischen in einem Zeitalter, in dem der Mensch selbst zu einem mächtigen geologischen Faktor wird: Mensch macht Natur. Lebenserhaltende Ökosysteme wie die Erdatmosphäre oder die Ozeane müssen unter gemeinschaftliche Verwaltung gestellt werden.

8: Was wir zügeln müssen

Ein nüchterner Blick auf die Größe der ökologischen Herausforderung zeigt, dass sie mit dem Appell zur Genügsamkeit nicht zu bewältigen ist. Ohne großangelegte Effizienzrevolution und den Übergang zu erneuerbaren Energien werden wir den Wettlauf mit dem Klimawandel nicht gewinnen.

9: Ökologie und Freiheit

Wer den Ausweg aus der ökologischen Krise in einer drastischen Reduktion von Produktion und Konsum sucht, landet früher oder später bei autoritären Konsequenzen. Dagegen gilt es die unverbrüchliche Allianz von Ökologie und Demokratie zu verteidigen.

10: Wo bleibt die Moral?

Tatsächlich spielen Werte eine wachsende Rolle für das Konsumverhalten von Bürgern wie für den Erfolg von Unternehmen: Fair Trade, Ächtung von Kinderarbeit etc. sind im Kommen. Zu diesem Langzeittrend gehört auch die Renaissance der gemeinnützigen Ökonomie: Genossenschaften, Ökonomie des Teilens (File Sharing, Open Source-Bewegung), nutzen statt besitzen (Car Sharing, Tauschportale im Internet).

11: Akteure und Allianzen

  • Politik: sie muss die ökologischen Leitplanken für die Wirtschaft vorgeben und die Weichen in Richtung grüne Innovation stellen.
  • Zivilgesellschaft: Umweltbewegung, Verbraucherinitiativen, Genossenschaften, kurz: die Macht des Skandals, des Protests und der Alternativen
  • Wissenschaft: wissensbasierte Innovationen in nie gekannter Geschwindigkeit und Breite
  • Unternehmen: zukunftsfähig sind ökologisch innovative, sozial verantwortliche Unternehmen, die erkannt haben, dass Werte und Wertschöpfung zusammengehören.

12: Die Wiederentdeckung des Fortschritts

Die Endzeit des fossilen Industrialismus ist zugleich eine Gründerzeit für eine neue, grüne Ökonomie. Statt die Zukunft als eine Welt von Zwängen zu schildern, geht es darum, Begeisterung für die grüne Moderne zu wecken. Die Geschichte des Fortschritts ist nicht am Ende.

Programm

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Verfasser
Deutscher Werkbund Sachsen e.V.

Rubrik
Berichte