Egon Hartmann und der Wiederaufbau von Mainz

Sonderausstellung im Landesmuseum Mainz vom 20.10.2019 bis 01.03.2020

Egon Hartmann (1919-2009) gilt heute als eine Schlüsselperson des Städtebaus im Nachkriegsdeutschland sowohl im Osten als auch im Westen. Als Chefplaner von Thüringen wechselte er aus politischen Gründen vom Osten in den Westen und arbeitete von 1954 bis 1959 im Baudezernat der Stadt Mainz.

Mainz befand sich damals in einer konfusen Lage des Wiederaufbaus. Es gab weder ein Stadtplanungsamt noch ein Gesamtkonzept. 1955, zehn Jahre nach Kriegsende, fertigte Hartmann den ersten zusammenhängenden städtebaulichen Leitentwurf für die neue Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz. Auf Grundlage der überlieferten Stadtstruktur beinhaltete dieser Plan ein zusammenhängendes Grünkonzept und eine konsequent durchdachte Verkehrstrategie. Ein Jahr später folgte sein Flächennutzungsplan, der auch die rechtsrheinischen Gebiete mit einbezog. Zugleich arbeitete Hartmann an Einzelprojekten wie der Ludwigsstraße, der Großen Bleiche, dem Regierungsviertel um den Schlossplatz und entwarf die erste große Mainzer Stadterweiterung nach dem Krieg, die Siedlung Hartenberg für 3.500 Einwohner.

Verwaltungsinterne Querelen und radikale, utopisch anmutende Gegenplanungen aus dem eigenen Amt führten dazu, dass Hartmanns Pläne zunächst nicht weiterverfolgt wurden und er ins Abseits geriet. In dieser Zeit seiner verordneten Planungsabstinenz begann Hartmann mit seiner Dissertation über die städtebauliche Entwicklung von Mainz von den Römern bis zum 20. Jahrhundert. 1963 als Buch veröffentlicht, ist sie heute noch, nach über einem halben Jahrhundert, das Standardwerk zu diesem Thema.

Der ideologisch und politisch geführte Streit über die Zukunft von Mainz Mitte der 1950er Jahre endete 1958 damit, dass der renommierte, international anerkannte Stadtplaner Prof. Ernst May mit der Generalplanung für Mainz beauftragt wurde. Dieser übernahm ohne Änderung auch der Verkehrsplanung die Ergebnisse von Hartmann für die Innenstadt. Die später vom Stadtrat beschlossenen „Mayschen Programmpläne“, Grundlagen für den anschließenden Aufbau von Mainz, stammen eigentlich aus der Feder von Egon Hartmann.

1959 wurde Hartmann nach München berufen. Für die bayerische Landeshauptstadt fertigte er den Stadtentwicklungsplan und anschließend den Flächennutzungsplan, die unter anderem die Grundlagen für die erfolgreiche Bewerbung Münchens für die Olympiade 1972 bildeten. Er entwarf dort neben zahlreichen Sonderprojekten drei Satellitenstädte, darunter Neuperlach für 80.000 Bewohner, das seinerzeit größte Städtebauprojekt in Europa.

Anlässlich des 100sten Geburtstages würdigt das Landesmuseum Mainz der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) in Kooperation mit dem Deutschen Werkbund Rheinland-Pfalz den nicht nur für Mainz bedeutenden Architekten und Stadtplaner in der Sonderaustellung „Egon Hartmann und der Wiederaufbau von Mainz“. Darin wird die Planungsgeschichte von Mainz nach dem II. Weltkrieg skizziert. Der die Ausstellung begleitende Katalog beinhaltet darüber hinaus erstmals das komplette Oeuvre Hartmanns. Ein Rahmenprogramm mit vier Vorträgen und Sonderführungen ergänzen die Sonderschau, die vom 20. Oktober 2019 bis zum 1. März 2020 zu besichtigen ist.

Foto: Ausschnitt Rahmenplan Mainzer Innenstadt. © Renate Beck-Hartmann, München

Verfasser
Deutscher Werkbund Rheinland-Pfalz e.V.

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