Zwischenbericht AG Werkbund und Qualität

Die AG als immerwährendes Forum aller Mitglieder des Deutschen Werkbundes in allen Landesverbänden

Die AG Werkbund und Qualität versteht sich als immerwährendes Forum aller Mitglieder des Deutschen Werkbundes in allen Landesverbänden. Die AG tritt zusammen, sobald Mitglieder etwas zum Thema beitragen möchten.

In der 2. Jahreshälfte 2020 entwickelte sich ein intensiver Austausch via ZOOM.
Dem Wunsch der Beteiligten entsprechend, die Diskussion in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen, wurde vereinbart, die Ergebnisse zu verschriftlichen. Die sich anschließende Diskussion über das Wesen des Textes bewegte sich im Spannungsfeld zwischen einer offenen Fragestruktur und einer Ausformulierung. Die Vorteile des einen wie des anderen anerkennend, hat die AG die präzise Ausformulierung gewählt.

Die AG sieht den Text als Zwischenergebnis an, als Basis für weitere durchaus kontroverse Diskussionen zum Thema. Wir laden daher ausdrücklich dazu ein, den Faden aufzunehmen.

Gleichzeitig möchten wir dazu ermuntern, den Text als Steinbruch für eigene Statements der Landesverbände zu nutzen. Wir freuen uns über eine Information hierzu.

Interessierte
wenden sich bitte an den Initiator und Moderator der AG Franz Betz, Vorstand im Deutscher Werkbund e.V. und Mitglied des Werkbunds Nord e.V.

franz.betz@franzbetz.com
mobil: +49-173-8809900
skype: franzpb

 

Sibylle v. Roesgen, Vorständin Deutscher Werkbund Rheinland-Pfalz e.V., für die AG

 

ZUKUNFT DER QUALITÄT
Zwischenergebnis der Diskussion innerhalb des Deutschen Werkbunds in der bundesländerübergreifenden AG „Qualität und Werkbund“ erarbeitet vom DWB Hessen und vom DWB Rheinland-Pfalz
Stand 30.11.2020.

Der Deutsche Werkbund ist der Vision einer humanen Gesellschaft und der Bewahrung natürlicher Lebensgrundlagen verpflichtet.

Der Deutsche Werkbund ist eine wegweisende wirtschaftskulturelle Vereinigung. Er wurde 1907 gegründet, mit der Absicht der »Veredelung der gewerblichen Arbeit im Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk«. Er hat über die Dauer seines Bestehens gesellschaftliche Prozesse angestoßen und kritisch begleitet. Durch die Einführung einer sachlichen, zweckmäßigen und standardisierten Gestaltung für Produkte hat er maßgeblich dazu beigetragen, dass „Made in Germany“ zu einem international anerkannten Qualitäts- und Gütesiegel wurde.

 

Qualität.
Der Kernbegriff des Deutschen Werkbundes.

Theodor Heuss, von 1918-1933 Geschäftsführer des Deutschen Werkbunds, formulierte kurz und prägnant: „Qualität ist das Anständige” und spricht damit gleichzeitig die moralisch-ethische Dimension des Begriffs an.

Qualität ist der Leitgedanke des Deutschen Werkbunds. Aus diesem entwickelt er sein Selbstverständnis, seine Strukturen und Maßnahmen. Eng an die Ursprünge anschließend, ist in der heutigen Satzung des Deutschen Werkbundes formuliert: „Die Förderung der Qualität soll insbesondere erreicht werden durch Erziehung, Bildung und Öffentlichkeitsarbeit zu einschlägigen Fragen aller gestalteten Lebensbereiche. …“

Dies ist die Mission des Deutschen Werkbunds.

In Bezug auf Produktion und Konsum heißt das, dass die (Aus-) Bildung zum verantwortungsvollen Gestalter und Hersteller einerseits sowie andererseits zum wertschätzenden Nutzer und Verbraucher im besonderen Fokus des Vereins stehen, ob es sich um Gebrauchsgüter, Architektur und Städtebau oder Kunst und Design handelt. Dies erreicht der Deutsche Werkbund durch Vorträge, Ausstellungen, Diskussionen, Publikationen und Kooperationen mit anderen Bildungsträgern.

Aufgrund der Zusammensetzung seiner Mitglieder schlägt der Deutsche Werkbund dabei vielfältige Brücken zwischen Industrie und Handwerk, Wissenschaft und Forschung, Politik und Verwaltung, Kreativwirtschaft und Kunst sowie der Gesellschaft allgemein. Er erweist sich daher als ein ideales Forum für den Diskurs über gesellschaftlich relevante Themen.

 

Qualität im Wandel.
Eine zeitgemäße Erweiterung des Qualitätsbegriffes.

Mit dem gesellschaftlichen Wandel einhergehend verändert sich auch das Verständnis von Qualität, ihre Relevanz, ihre Maßstäbe und die Bereiche, auf die Qualität angewendet werden.*1

In der Vergangenheit bezog sich der Qualitätsbegriff vor allem auf zwei Dimensionen:
zum einen auf die Produktgüte und damit auf alles, was dem Produkt direkt anhaftet, wie Material, Funktionalität, Design, Verarbeitung, zum anderen bezog er sich auf die Systeme und Prozesse*2: diese garantieren in der industriellen Fertigung gleich-bleibende Produktgüte.

Nicht zuletzt durch die rasante Beschleunigung von Produktionszyklen, der Verringerung der Lebensdauer vieler Produkte und der dramatisch angewachsenen Umweltprobleme, dem Einfluss der Digitalisierung nicht nur auf Produktion und Dienstleistungen, sondern auch auf das Leben allgemein, werden die Bezugspunkte für Qualität diverser.

Der Qualitätsbegriff des Deutschen Werkbunds schließt seit je her Dimensionen ein, die über das Produkt, dessen Entstehungsprozess und seine Gestaltung hinaus gehen und moralisch-ethische sowie soziale Kategorien berühren. Diese werden heute durch Kategorien wie Ökologie und Armutsbekämpfung ergänzt.

Die Menschheit steht vor der Aufgabe, die Sicherung der natürlichen Lebens-grundlagen und eine gerechte Teilhabe zu verwirklichen. In diesem Sinne definiert sich auch für den Deutschen Werkbund Qualität darin, wirtschaftlichen Fortschritt in Einklang mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verantwortung zu bringen.

Auf der Ebene der Vereinten Nationen ist diese Menschheitsaufgabe erkannt und formuliert.*3

 

Qualität als Herausforderung und Chance
Ökonomischer Vorteil durch einen erweiterten Qualitätsbegriff

Diese neuen, werteorientierten Qualitätsansprüche in marktgerechte, arbeitsweltliche Veränderungen berücksichtigende Produktion, Dienstleistungen und letztlich Produkte umzusetzen und damit wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, ist eine große Herausforderung.

Einige Unternehmen und andere Akteure stellen sich dieser Herausforderung bereits. Sie entwickeln auf der Basis der oben genannten Dimensionen eigene Methoden und Qualitätssysteme im Sinne von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung.

Der Werkbund versteht es als seine Aufgabe darauf einzuwirken, dass nicht nur die an das Produkt, dessen Gestaltung und Fertigung gestellten Qualitätsmaßstäbe erhalten und immer wieder diskutiert werden sondern wird Unternehmen und andere Akteure auch dabei unterstützen, den eingeschlagenen Weg im Sinne der UN-Nachhaltigkeitsziele weiter zu gehen, oder sie ermutigen, diesen Weg einzuschlagen. In diesem Sinne verstärkt der Deutsche Werkbund sein Netzwerk mit Unternehmen und Akteuren aus Wirtschaft und Industrie.

 

 

*1 Qualität muss man immer wieder neu erfinden, das war auch der Leitsatz von William Edwards Deming. Dem amerikanischen Quality-Management-Vorreiter folgend, ist Qualität ein Kreislauf, der sich permanent verändert und erneuert.
*2  ISO 900X
*3 Das Umweltprogramm der UN (UNEP) verfolgt mit ihrer Initiative „Global Green New Deal” (2008) das Ziel, die Wirtschaft zu stärken und den Klimawandel zu stoppen. Die Vorstellung dabei ist, verstärkt Arbeitsplätze in „grünen“ Industrien zu schaffen, dadurch die Wirtschaft anzukurbeln und gleichzeitig den Klimawandel zu bremsen. Mit der im Jahr 2015 verabschiedeten Agenda 2030 hat sich die Weltgemeinschaft unter dem Dach der Vereinten Nationen zu 17 globalen Zielen für eine bessere Zukunft verpflichtet, den UN-Nachhaltigkeitszielen. Leitbild der Agenda 2030 ist es, weltweit ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen und gleichzeitig die natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft zu bewahren. Dies umfasst ökonomische, ökologische und soziale Aspekte. Dabei unterstreicht die Agenda 2030 die gemeinsame Verantwortung aller Akteure: Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft – und jedes einzelnen Menschen. Entwicklung sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltig umzugestalten und somit die längst überfällige Transformation der Volkswirtschaften hin zu einer deutlich nachhaltigeren und inklusiveren Entwicklung kräftig voranzutreiben. Der Klimawandel, der Verlust von Biodiversität, Armut, Hunger und ein Wirtschaften, das häufig mit hohem Ressourcenverbrauch verbunden ist zeigen, dass weltweit umgesteuert werden muss. Die 2030-Agenda der UN folgt dem Grundsatz, auch die Schwächsten und Verwundbarsten der Welt mitzunehmen („leave no one behind“), und hat den Anspruch, auch kommenden Generationen die Chance auf ein erfülltes Leben zu sichern.
Verfasser
Deutscher Werkbund dwb e.V.

Rubrik
Aus den Medien