„Klang hat Vorfahrt“

Werkgespräch mit Architekt Timm Helbach zum Kammermusiksaal in der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz

Bei sehr heißem Wetter versammelten sich etwa 25 Werkbündler:innen und Gäste im Skulpturengarten der Akademie der Wissenschaften und der Literatur und wurden im Foyer der Akademie von Timm Hellbach (mamuth, Architekt des Kammermusiksaals und Vorsitzender des dwb Rheinland-Pfalz) und Frau Petra Plättner, der Referentin der Klasse der Literatur und der Musik mit einem erfrischenden Gläschen Sekt begrüßt.

Vor dem Baustellenbesuch führte uns Frau Plättner im großen, von Walter Henn gestalteten Plenarsaal ausführlich mit einem Folienvortrag in die Geschichte, die Bedeutung und die Aufgaben der Akademie ein, die eine 1949 gegründete, sehr breit aufgestellte, weit über Mainz und Rheinland-Pfalz hinaus wirkende Forschungs- und Gelehrtengesellschaft ist. In drei Klassen (mathematisch-naturwissenschaftlich, geistes- und sozialwissenschaftlich sowie für Literatur und Musik) besteht die Akademie aus insgesamt fast 350 Mitgliedern unter denen neben einem Nobelpreis- und zwei Fieldspreisträgern auch 30 DFG-Leibnizpreisträger:innen sind.

Bevor uns Frau Plättner die drei verschiedenen – und sehr unterschiedlich eingerichteten – „Klassenräume“ führte, stellte uns Timm Hellbach anhand von Plänen und Schnitten den von ihm und seinem Büro mamuth geplanten und ausgeführten Kalkhoff-Rose-Saal vor, dessen besonderes Merkmal darin besteht, dass er auch konstruktiv ausschließlich in Holzbauweise ausgeführt wurde. Damit wird er mit 120 m² Fläche und für 80 Besucher:innen der erste komplett in Holzbauweise errichtete größere Kammermusiksaal in Deutschland sein. Um Flächenverbrauch zu vermeiden, ist er auf einen bestehenden Gebäudeteil aufgesetzt und konstruktiv unabhängig.

Oberstes Prinzip für einen Konzertsaal sollte „Klang hat Vorfahrt“ sein und des halb wurden in die Planung von vorneherein der Klangkünstler Peter Kiefer und der Soundingenieur Jochen Veith mit einbezogen. Timm Helbach zeigte sich glücklich, dass auch die Stifterin des Saales, Sibylle Kalkhof-Rose, trotz hohen Alters die Planung und den Baubeginn des Saales noch miterleben konnte. Sie starb im September 2022 mit 97 Jahren.

Nach den langen Präliminarien waren die Besucher:innen umso gespannter auf die kurz vor der Bauabnahme stehende Baustelle und begaben sich vorbei am aufklappbaren Modell in den ersten Stock in den Saal – neugierig ebenso auf die Gesamtwirkung wie auch Details der optisch durch die Akustikelemente geprägten Decken und Wände.

Das Besondere: es wurde extra für den Werkbund mit einem kleinen Konzert des Solo-Gitarristen Ivan Borovic eine erste (inoffizielle) Live-Akustikprobe veranstaltet (Film: Justin Peach). Wir waren begeistert, denn auch feinste Nuancen des leisen und in anderen Konzerträumlichkeiten oft nicht durchdringenden Gitarrentons wurden hier bis in die letzte Reihe getragen.

Nach lebhaften Gesprächen (und „Fachsimpeln“ der anwesenden Architekt:innen bzw. Handwerker) im Saal klang im Foyer mit einem Glas Rheinhessenweins ein anregender Nachmittag aus, den man zusammenfassen kann: Wir freuen uns auf Konzerte in diesem klingenden und schönen Saal!

Hans Jürgen Jentsch dwb

Fotos von Hans Jürgen Jentsch und Jonas Wagner, Renderings und Piktogramm von Timm Helbach

Weitere Impressionen vom Werkgespräch-Treffen in der Akademie

Verfasser
Deutscher Werkbund Rheinland-Pfalz e.V.

Rubrik
Berichte