23 Jahre im Vorstand des Werkbund Saarland gehen zu Ende
Mit der Ernennung des neuen Vorstandes mit Oliver Brünjes als Vorsitzenden sowie Dirk Rausch (Stellvertreter) und Wolf Herr (Geschäftsführer) im Sommer 2021 geht im Deutschen Werkbund Saarland e.V. eine Ära zu Ende: Über 23 Jahre hatte Marlen Dittmann den Vorsitz inne. 1940 in Kiel geboren, studierte Marlen Dittmann als eine der wenigen Frauen in den 1960er Jahren Architektur an der RWTH in Aachen. Nach einigen Jahren in einem Aachener Büro für Stadtplanung erfolgte 1977 aus familiären Gründen der Umzug nach Saarbrücken: Ihr Mann Lorenz Dittmann hatte einen Ruf als Professor an das Kunsthistorische Institut der Universität des Saarlandes in Saarbrücken erhalten. Marlen Dittmann vernetzte sich schnell in der neuen Heimat und begann vor allem über Architektur und Stadtplanung, über Baugeschichte und Denkmalschutz zu schreiben. Man kann ihre Publikationen kaum aufzählen. Sie verfasste Bücher zu wichtigen Bauwerken, würdigte bedeutende Architekten mit Biografien und aufschlussreichen Interviews, schrieb für die regionale und die überregionale Tagespresse, u.a. für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Seit 2008 ist sie Redaktionsmitglied des Kulturmagazins „OPUS“, eines zentralen Organs in der Großregion. Für ihre publizistischen Verdienste wurde sie 2013 mit dem Saarländischen Denkmalpflegepreis, Kategorie Journalismus, ausgezeichnet.
Marlen Dittmann ist Mitglied im BDA und im AIV. 1993-2004 war sie Mitglied im Landesdenkmalrat des Saarlandes. Sie war Gründungs- und bis 2015 Vorstandsmitglied des Städtebaubeirats der Landeshauptstadt Saarbrücken. Seit vielen Jahren gehört sie dem Kuratorium der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz an. 2015 erhielt sie für ihre zahlreichen Verdienste um Architektur, Städtebau und Kunst im Saarland das Bundesverdienstkreuz.
Marlen Dittmanns Wirken im und für den Deutschen Werkbund Saarland e.V. begann mit ihrem Eintritt 1900. 1998 wurde sie zur Vorsitzenden gewählt, und in dieser Funktion richtete sie in einer für ihr Denken charakteristischen Weise immer den Blick auf das große Ganze. Es sind die Zusammenhänge – architektonisch, künstlerisch, historisch –, die sie interessieren. Baukultur ist für sie ein elementarer Teil der Kultur insgesamt. Vor diesem Hintergrund versteht sie sich als Anwältin insbesondere jener Bauten und städtebaulichen Strukturen, die durch den Wandel (und manchmal auch durch Nachlässigkeit) gefährdet sind. Um einige Beispiele aus der Landeshauptstadt Saarbrücken zu nennen: Marlen Dittmann setzte sich über die Jahre intensiv ein für den originalgetreuen Erhalt der Villa Obernauer, sie kämpfte für eine denkmalgerechte Nutzung der ehemaligen Bergwerksdirektion und erinnert unermüdlich an die große geschichtliche und architektonische Bedeutung des von Georges-Henri Pingusson geschaffenen Gebäudes für die französische Botschaft. 2019 gab sie für den Werkbund ein umfassendes Buch zur Geschichte des so genannten „Pingusson-Baus“ heraus.
Zweimal organisierte Marlen Dittmann Werkbund-Tage im Saarland (2002 und 2015). Damit rückte sie die engagierte Arbeit des kleinsten Landesverbandes in den Fokus und vernetzte ihn effizient in ganz Deutschland. Ein Höhepunkt ihrer Arbeit als Vorsitzende war zweifellos die Ausstellung „Resonanzen – Architektur im Aufbruch zu Europa 1945-1965“, die sie als Beitrag zum Europäischen Kulturerbejahr 2018 initiierte. Medien wie Publikum schenkten diesem Ereignis, für das Marlen Dittmann viele Mitstreiter innerhalb und außerhalb des Vereins gewinnen konnte, große Aufmerksamkeit.
Mit ihrer enormen fachlichen Kenntnis und ihrer Sensibilität, mit ihrem Einsatz und ihrem Mut, mit ihrer Freude und ihrer Überzeugungskraft hat Marlen Dittmann als Vorsitzende des Deutschen Werkbunds Saarland e.V. viel angestoßen und viel erreicht. In vorbildhafter Weise hat sie selbstlos und entschieden die Anliegen des Vereins vorangetrieben. Und sie hat ihn über einen Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren maßgeblich geprägt. Der Verein ist für sie – bei allem, was er auf fachlicher Ebene bewirken kann – mehr als nur ein Zusammenschluss von Spezialisten mit ähnlichen Interessen. Sie versteht ihn und hat ihn immer geführt als einen Kreis von Freunden, die engagiert für eine Sache zusammenstehen. Wer Marlen Dittmann kennt, weiß, dass sie dem Werkbund auch weiterhin treu bleiben und voller Überzeugung für ihn einstehen wird. Auch wenn sie nun nach 23 Jahren den Staffelstab an eine jüngere Generation abgibt.
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