175 Jahre Frankfurter Hof Mainz

Mit der Initiative zur Rettung des "Frankfurter Hofs" meldete sich der Werkbund gemäß seinem Ethos zu Wort.

Der Werkbund Rheinland-Pfalz, ein gemeinnütziger Verein engagierter Menschen aus Kunst und Technik, Wissenschaft und Industrie, Handwerk und Handel, Politik und Medien, ist damals wie heute getragen vom Verantwortungsbewusstsein für die gestaltete Lebenswelt zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger. Er wird heute als kritischer „Trend Scout“, als Instanz risikobereiten Vorausdenkens verstanden: Er stößt Prozesse der Willensbildung und Entscheidung in Rheinland-Pfalz an.
1976 Ton-Dokumente besagen“ Sie krieh`n uns nit kaputt“ und „… Das Recht des Narren ist, die Wahrheit zu sagen,…“
Die historische Bedeutung des Frankfurter Hofs ist wohl bekannt.

Hier einige wichtige Daten auf dem Weg hin zu seiner Sanierung:
1841 Gastwirt Falk baut einen großen Saal an seine Gastwirtschaft
1842 Fastnachtssitzungen des Mainzer Carneval-Vereins. „NARHALLA“ die Wiege der Mainzer Fastnacht
1848 Demokratische Revolution, Wahlversammlungen zur deutschen National Versammlung in der Frankfurter Paulskirche Der Frankfurter Hof wird zur „Mainzer Paulskirche“
1850 Protestversammlung von Katholiken gegen die Wahl von Leopold Schmid zum Mainzer Bischof
1851 Fünfte Generalversammlung der Katholischen Vereine Deutschlands (Katholikentag) unter Bischof Ketteler
1863 Ferdinand Lasalle spricht vor 500 Mainzern im Frankfurter Hof.
1864 Die Casino-Gesellschaft kauft den Frankfurter Hof
1871 Katholikentag und Wahlveranstaltung des Zentrums, in Mainz auch „Frankfurter- Hof- Partei“ genannt
1944 Einbau eines Kinos
1972 Die Stadt kauft das Gebäude
1977 Für den Werkbund stellte Herr Prof. Helmut Kanis, die Frage: „Wie hält es die Stadt mit der Geschichte?“; der Frankfurter Hof drohte zu zerfallen.
Diese Frage markierte den Anfang der Bemühungen den „Frankfurter Hof“ zu retten, wie auch die jüngere Geschichtsschreibung zum historischen Mainz weiß (Mainz. die Geschichte der Stadt. 1998. Hrsg. Franz Dumont, Ferdinand Scherf, Friedrich Schütz. S.835)
1978 Studenten der Architektur erarbeiten eine Bauaufnahme der Konstruktion des Dachstuhls, unter Prof. Kanis
1983 im März lädt der Werkbund Gäste und Mitglieder zu einem Konzert in den ruinösen Saal des Frankfurter Hofs . Die unansehnliche Außenfassade lässt kaum erahnen was sich hinter den Mauern verbirgt, ein bauliches Zeugnis bewegter Zeiten, das den Wert des Einmaligen besitzt. Aus diesem Grund wurde der Frankfurter Hof auch symbolträchtig „Mainzer Paulskirche “ genannt. Grund genug für den Werkbund, sich für die Renovierung des Gebäudes und seiner Nutzung einzusetzen. Der Werkbund konnte die hervorragende Akustik dokumentieren, als zur Matinée die hochkarätigen Künstlerinnen Helga Wähdel (Violine), Ilse Lang (Piano) und Barbara Brauchmann (Cello) musizierten. Der Musikkritiker Levinski war von dem Klang und Akustik im wohl proportionierten Raum, trotz desolaten Zustands, begeistert. Dies war ein Plädoyer für die geschichtliche Verpflichtung an die Stadt, eine Lösung zu finden, die der Allgemeinheit nutzt .
„Es wäre gut, wenn die Mainzer ihrer demokratischen Tradition nicht nur mit einer Bronzetafel an einem betonierten Neubau gedächten….“
6. September 1983 passierte es: „Abriss des Frankfurter Hofs“ beschloss das Ferienparlament – unmittelbare Einsturzgefahr, historisch kein Wert, Dachkonstruktion ist nicht mehr zulässig, völlig morsches Mauerwerk, Rekonstruktion möglich, aber nicht in alter Form. „Also den Saal zu schaffen, wie er einmal war, das ist nicht mehr zu machen.“
7. September 1983 Proteste von der CDU, der SPD: “ Entscheidung sofort aufheben“. FDP plante auf dem nun freien Gelände eine überdachte Ladenpassage mit historischen Elementen.
8. September 1983 Thema: erneut im Hauptausschuss, OB Fuchs handelte rasch, neue Hoffnung keimt auf. Im Grunde genommen ist es ja schlimm, dass der Werkbund die verantwortlichen Kommunalpolitiker dann „sensibilisieren“ musste, als es fast schon zu spät war.
9. September 1983 Kommando zurück:“Frankfurter Hof bleibt stehen“. Aktion „Bürger für den Frankfurter Hof“ wurde von OB Fuchs mobilisiert, „ich glaube die Mainzer werden da mitmachen“. Das „historische Gewissen“ hat Parteigrenzen überwinden lassen.
10./11. September 1983 die Entscheidung ist gefallen. „Bausteine für den Frankfurter Hof“ Stadt und AZ rufen Mainzer zur Rettung des traditionsreichen Bauwerks auf.
Sicherungsmaßnahmen schrieben vor, dem Gebäude ein Stahlkorsett anzulegen. Demonstration der vielberufenen Baufälligkeit? Diese Sicherungsmaßnahme konnte durch eine preisgünstigere statische Sicherung im Inneren des Gebäudes abgewandt werden, denn diese vom Werkbund vorgeschlagene Idee, war zugleich eine erste Sanierungsmaßnahme.
13. September 1983 wurde die Entscheidung zum Thema Frankfurter Hof im Gutenbergmuseum begrüßt. Bürger diskutieren um den Frankfurter Hof: Gretel Janson CDU, Edgar Rössler SPD, Prof. Kanis, Stadtrat Laubach CDU, Stadtrat Weihe SPD, Dr. Thews – Ortsvorsteherin, Prof. Mathy, Dr. Storch FDP und Rainer Wahl. Der Stadt Mainz sei zu danken, dass sie in dieser wirtschaftlich angespannten Lage im Vertrauen auf den immer wieder bewährten Bürgersinn den Mut hatte, eine noch nicht finanziell abgesicherte Entscheidung zur Erhaltung des Frankfurter Hofes zu treffen. Sie stellte damit sicher, dass eine historische Stätte deutscher und Mainzer Geschichte nicht verloren gehe. Der Deutsche Werkbund, der die Gründung eines Freundeskreises für den Erhalt des Frankfurter Hofes angeregt hat, begrüßt die bereits in Gang gebrachten Initiativen „Bausteine für den Frankfurter Hof“. Der Werkbund bedankt sich bei dem Bürgerverein für die funktionierende Realisierung des Projekts.
2016 Der Deutsche Werkbund Rheinland-Pfalz gratuliert Herrn Jantzer und seinem Team des Frankfurter Hofs für die kreative Programmgestaltung und das großartige Durchhaltevermögen mit den permanent wechselnden internationalen Künstlern und der einfühlsamen Betreuung des kritischen Publikums.

Prof. Valy Wahl, Werkbund Rheinland-Pfalz

1983 – Ein aufregender Moment: die Besichtigung des Frankfurter Hofes in der Altstadt von Mainz
Zahlreiche Persönlichkeiten waren der von Prof. Hellmut Kanis im Namen des Deutschen Werkbundes ausgesprochenen Einladung zu einer musikalischen Matinee gefolgt und wagten, trotz des desolaten Zustands, den Saal zu betreten.
Der Raum hatte die klassische „Schuhkarton“-Form – fast ein Garant für eine gute Akustik – und es stand überraschenderweise mittendrin ein großer Flügel. Nach dem meisterlich vorgetragenem Konzert des Trios vom Peter-Cornelius-Konservatorium war nicht nur ich davon überzeugt, dass hier ein wunderbarer Konzertsaal für Mainz entstehen könnte.
Man hat es gewagt – und der Saal hat die Hofffnungen erfüllt und wurde sofort von den Mainzern begeistert angenommen. Ich erinnere mich mit Freude an den ersten Abend meiner eigenen Aufführung des Gesamtwerks von Claude Debussy: die Schlange um Karten zu bekommen ging bis unten auf die Augustinerstraße entlang!
In der Zwischenzeit gibt es nicht nur eine renommierte Klavierkonzertreihe, sondern durch eine große Vielfalt an Angeboten aller Stilrichtungen wurde der gut geführte Saal zu einem Publikumsmagnet.
Ich bin glücklich sehen und feststellen zu können, dass meine damalige Unterstützung für den Erhalt und mein Rat, das Risiko des Umbaus einzugehen, so wunderbare Früchte getragen hat.

Prof. Nina Tuchmann
Hochschule für Musik und Tanz Köln und „Mainzerin des Herzens“

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Verfasser
Deutscher Werkbund Rheinland-Pfalz e.V.

Rubrik
Berichte