Lambert Rosenbusch

ein Nachruf von Peter Wilkens
  • geboren 1940 in Ostercappeln
  • Studium der Philosophie in Frankfurt
  • der Architektur in Braunschweig
  • Atelier für Architektur in Hamburg
  • seit 1971 Professor für Industrial Design an der Hochschule für bildende Künste Hamburg bis 2005
  • Atelier in Brauweiler/ Köln

Neben der Tätigkeit als Architekt lag sein Arbeitsgebiet in den übergreifenden Zonen des geisteswissenschaftlichen, künstlerischen und technischen Umfeldes. Dazu zählten für ihn vorrangig die klassischen Disziplinen der bildenden Kunst, Bildhauerei, Malerei ebenso, wie die modernen Formen von Produktentwurf, Raumgestaltung, Bühnenbild, Industrial Design, Fächer, deren Entwurfsregeln heute bestimmt werden aus den Verfahren der industriellen Produktion. Als Architekt vertraut mit dem Umgang von Form, Material und Masse, war sein Bestreben, die gestalterischen Anforderungen unserer Zeit in theoretischer wie praktischer Hinsicht „werkgerecht“ zu lösen.

Sein besonderes Interesse galt jedoch der Architekturtheorie und ihren benachbarten Gebieten. Hierzu zählten für ihn, hergeleitet aus den frühen Quellen der Antike und der Renaissance, die geometrisch mathematischen Grundlagen der Proportions- und Harmonielehre, in ihrem Bezug auf die Verbindung von der darstellenden zur bildenden Kunst.

Hier schließt seine Forschung an, verbunden mit der Frage nach den Ursachen unseres Handelns. Nach seinem Verständnis bot sich für den Architekten der bauhistorische Ansatz, wo neben dem Entwerfen und Bauen, immer auch der geistigen Reflexion ihr Stellenwert zuerkannt wird. Daher war die historisch tradierte Bauaufnahme, „das Aufnehmen von Architekturen“, in seinem Arbeits-Programm, vor allem auch die Arbeit mit Zirkel und Lineal am Reißbrett, auf die sich auch modernste technische Verfahren zurückführen lassen. Die Instrumente des Euklid stehen für ihn ganz selbstverständlich und unverzichtbar für ein humanistisches Weltbild, in dem der Mensch der Mittelpunkt unseres Handelns zu sein hat. Als Baumeister verstand er sich als Wahrer einer umfassenden Weltsicht mit dem dringenden Auftrag, den ganzheitlichen Menschen zu fordern und ihn vorzuleben, gemäß dem Aufruf der Inschriften am Apollotempel zu Delphi:

erkenne dich selbst
alles mit Maßen
Du bist!

In diesem Zusammenhang einer persönlichen Berufsverantwortung ist die Neufassung eines Bühnenbildes in aktueller Sprache auf dem Theaterboden, ebenso eine Aufgabe der Baukunst, wie auch ein abzufassender Schriftsatz zur Architekturkritik oder das Gutachten zur Wertung eines technischen Produktes. Als Architekt und Lehrer nahm er stets für sich in Anspruch, verantwortlich zu sein, also „Antwort zu geben durch sein Tun“. Das will gelernt sein und bedarf der Askese in täglicher Übung; „von ihr sei Niemand ausgenommen, nicht Lehrling und nicht Meister, denn nur Bescheidenheit lehre, den Wert der Dinge zu erkennen und seinen Stil jenseits der Mode zu finden. Zwar haben sich im Verlaufe der Jahrhunderte die Mittel geändert, nicht aber die Aufgaben. Letztere sind seit je die Gleichen geblieben.“ Lambert Rosenbusch ist als Gestalter stets der Anforderung einer zeitgemäßen Formulierung seiner Werke gefolgt.

Die gemeinsam vorbereiteten Projekte, noch in statu nascendi, waren seiner Überzeugung nach „schon allein durch die Formulierung des Gedankens in der Welt verankert und in Zukunft nicht mehr zu tilgen“.

Der darin ausgesprochene Anspruch scheint in der Rekonstruktion des berühmten Monopteron auf, einem Aussichtstempel hoch über der Elbe in Hamburg. Joseph Rameé nimmt im 18. Jh. mit diesem Rundtempel einen Gedanken wieder auf, den Donato Bramante in der Renaissance des 16. Jh. mit dem Tempietto San Pietro in Montorio in Rom gestaltet: der bescheidene Zentralentwurf eines von einem Peristyl mit sechzehn dorischen Säulen umgebenen Tempietto, wurde eines der bedeutendsten Denkmale der Hochrenaissance. Es war nach über tausend Jahren das erste Bauwerk, welches vollständig im Geiste der römischen Antike entstand und zugleich auf der Höhe seiner Zeit interpretiert war.

Im Rahmen der fünfhundertjährigen Wiederkehr seiner Einweihung, rekonstruierte Lambert Rosenbusch diese Urfassung im Modell als Studienobjekt für seine Lehre an der Hochschule. Hier knüpft nun der Gedanke an, dem Tempietto des Bramante das Modell des zehnsäuligen Monopteron von Joseph Rameé, quasi als griechische Renaissance, gegenüberzustellen. Hier zeigt sich wiederum, in der Übertragung der Rekonstruktion auf moderne Konstruktionsmittel, der adäquate moderne Gestaltungsausdruck auf der Höhe unserer Zeit. An diesem Beispiel wird exemplarisch die zeitalterübergreifende Modernität der Rosenbusch’schen Architekturlehre deutlich: wie er es selber beschreibt, „auf den Schultern von Giganten stehend, sieht er sich berufen, in Wertschätzung und Achtung, auch das Seine für den Fortgang der Baukultur leisten zu können“.

Der Baumeister, Lehrer und Freund Lambert Rosenbusch ist am 7. September 2009 in seinem 70. Jahr in Brauweiler bei Köln verstorben.

Peter Wilkens

Verfasser
Deutscher Werkbund Nord e.V.

Rubrik
Berichte